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Freitag, 3. Dezember 2021

Lothar Nietsch - Flaschenkind (Dystonie)

Klappentext

Nach dem Untergang der Zivilisation herrscht nur noch das Recht des Stärkeren. Eine Regelung, die Mira sehr entgegen kommt. Was sie zum Leben braucht, nimmt sie sich einfach. Egal ob es Nahrung, Munition oder auch mal ein knackiger Mann ist. Da bestohlene und benutzte Menschen zu Rachegedanken neigen, ist eine Begegnung mit Mira in der Regel das Ende aller Not.

Doch obwohl sie selbst die Verkörperung der neuen Ordnung zu sein scheint, sehnt sich Mira nach etwas Höherem, einem mystischen Ort, den es n ur in ihrer Einbildung zu geben scheint.






Mira macht keine Gefangenen Nach dem Untergang der Zivilisation herrscht nur noch das Recht des Stärkeren. Eine Regelung, die Mira sehr entgegen kommt. Was sie zum Leben braucht, nimmt sie sich einfach – egal ob es Nahrung, Munition oder auch mal ein knackiger Mann ist. Da bestohlene und benutzte Menschen zu Rachegedanken neigen, ist eine Begegnung mit Mira in der Regel das Ende aller Not. Doch obwohl sie selbst die Verkörperung der neuen Ordnung zu sein scheint, sehnt sich Mira nach etwas Höherem. Einem mystischen Ort, den es nur in ihrer Einbildung zu geben scheint.


Auch den Krimi "Familienbande" von Lothar Nietsch habe ich auf meinem Blog vorgestellte - den Post findest du hier


 

Autorenvita

Lothar Nietsch wurde am 06.02.1966 in Nürnberg geboren. Nach der Schulzeit lernte er die Berufe Gas- und Wasserinstallateur, Fitnesstrainer, KEP-Kaufmann, arbeitete als Handwerker, Trainer, Garten- und Landschaftsbauer, Fahrradkurier, Geschäftsführer eines Kurierunternehmens und selbständiger Handwerker. Seit 2019 verdient er seine Brötchen als Haustechniker in einem Altenpflegeheim. In seiner Freizeit treibt er alles Mögliche. Die meiste Zeit verbringt er jedoch mit dem Verfassen phantastischer Texte

    

 

Alles rund um Lothar Nietsch (und mehr)

 

 

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Dienstag, 26. Januar 2021

Lothar Nietsch - Familienbande

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

SCHNIPSEL:

Liegt eine gewisse Geschichte hinter einem, braucht man sich wegen der Dämonen nicht zu sorgen, die einen fortan heimsuchen. Egal, wie sehr man sich ihnen auch verweigert, sie finden einen. Das trifft insbesondere dann zu, wenn man über die Ursache der Dämonen kein Wort verlieren darf. Beinahe wie in dem Film „Fight Club“. Die erste Regel des Fight Clubs lautet ... Nun ja, Sie wissen schon. Über meine damaligen Einsätze darf ich auch heute noch kein Wort verlieren. Wer aber wollte mir verbieten, darüber zu berichten, wer sich hinter meinen Dämonen verbirgt? Bis vor einigen Jahren war ich Hauptmann im Dienst der Bundeswehr, Kommando Spezialkräfte, kurz KSK. Meine Einheit absolvierte drei bis vier Operationen im Jahr, ohne offiziellen Status und selbstverständlich ohne Rückendeckung unserer Regierung. Wir trugen nicht einmal Uniformen, die uns einer bestimmten Nationalität zugeordnet hätten. Unsere Aufgaben waren vielschichtig. Wir kundschafteten für verbündete Verbände, wie den Amerikanern, den Briten oder Franzosen, eliminierten bestimmte Personen oder Gruppen, oder befreiten Geiseln aus den Händen irgendwelcher Warlords oder Terroristen. Die Einsatzgebiete lagen meist im Nahen und Mittleren Osten, aber auch im ehemaligen Jugoslawien. Richtig los ging für mich das Ganze erst mit Ausbruch des ersten Irak-Krieges, Anfang der neunziger Jahre. In den Jahren davor, vor allem während meiner Ausbildung, war mir nie so recht klar geworden, auf was für einen Mist ich mich damals wirklich eingelassen hatte. Dann aber begriff ich es. Insbesondere nachdem die Toten damit begannen, mir ihre Dämonen zu schicken. Die Namen- und Gesichtslosen sind nicht besonders schlimm. Irgendein Söldner, dem man die Kehle aufschlitzt, damit er nicht Alarm schlägt, geht einem nicht lange nach. Gleichwohl es gelogen wäre, behauptete ich, dass mich das nicht berührt hätte. Trotzdem, mit dieser Art von Dämon kommt man in der Regel schon klar. Nicht so mit den Kameraden, die man gezwungen war zurückzulassen. Ihre Dämonen sind die Pest und sie haben sehr wohl Namen und Gesichter. Ihre Gesichter sah man lachen, fluchen und manchmal am Rand der Verzweiflung und man erledigte in ihrer Gesellschaft Jobs, die einem keine Arbeitsagentur vermittelt. Erst diese Namen mit den dazugehörigen Gesichtern verleihen diesen Dämonen ihre Substanz. Mein persönlicher Dämon hört auf den Namen Roland. 

 

Die Einsatzbefehle kamen stets unerwartet, nicht selten als ein nächtlicher Anruf. Meist blieben uns nicht mehr als zwei Stunden, um mit voller Ausrüstung am Treffpunkt zu erscheinen. Eine Militärbasis, eine Wiese, ein Feld am Stadtrand oder die Landebahn irgendeines Flughafens. Die Einsatzbesprechung erfolgte auf dem Weg zum Einsatzort. Verlief alles nach Plan, ging man ein paar Tage später wieder jener Tätigkeit in seinem vertrauten Umfeld nach, die man sich als Tarnung für ein angeblich bürgerliches Leben zugelegt hatte. Ich hatte mich nach einigen Fehlversuchen in anderen Sparten für die Laufbahn eines Privatdetektivs entschieden. Und glauben Sie mir, bestimmt nicht wegen des Nervenkitzels. Der Job ist nicht einmal halb so aufregend, wie die meisten denken, in der Regel sogar stinklangweilig, was in meinem Fall aber besonders praktisch war. Niemand machte sich Gedanken, wenn ich für ein paar Tage oder eine Woche von der Bildfläche verschwand. Das trifft jetzt zwar nicht mehr zu, aber mit den Jahren hatte ich mich an diese Art des Geldverdienens gewöhnt und inzwischen bestreite ich damit in Vollzeit meinen Lebensunterhalt. Seit jener Nacht, in der Roland starb. Er fiel in Syrien, nahe der türkischen Grenze. Der bis heute andauernde Bürgerkrieg war zwar noch nicht ausgebrochen, über dessen Vorboten aber, stolperte man bereits allerorten. Mit Roland hatte ich mich während der Grundausbildung angefreundet und nach seinem Tod war er zu meinem schlimmsten Dämon geworden. In den ersten Monaten drängte er sich nur in meine Träume. Mit seinem halb weg gesprengten Schädel grinste er mich aus einem, von Hirnmasse und Blut verschmiertem, Gesicht boshaft an. „Wir sind Killer!“, hielt er mir jedes Mal vor. „Killer, im Namen des Vaterlandes – das uns vergisst!“ Das alles folgte einem nie geschriebenen, dennoch festgelegten Drehbuch. Jedes Wort und jede Geste – nie wich Rolands Dämon davon ab. Nach diesen ersten Sätzen bohrten sich seine blutunterlaufenen, einstmals blauen Augen in meinen Blick, hielten ihn fest. „Warum hast du mich im Stich gelassen?“, fragte er, während ihm die Augäpfel aus dem Schädel rannen, wie aufgeschlagene Eier. Manchmal tauchten die Gesichter Petras, seiner Frau, und die seiner beiden Töchter neben seinem auf. „Weshalb hast du Papa nicht zurückgebracht?“, wollten sie dann von mir wissen, obwohl sie nie erfahren hatten, was für einen Job ihr Vater tatsächlich nachgegangen war. Meist wachte ich bei dem verzweifelten Versuch auf, mich zu rechtfertigen und ich bekam ihre anklagenden Gesichter den ganzen Tag über nicht mehr aus dem Kopf. So quälend das auch war, irgendwann gewöhnte ich mich daran. Blöd nur, dass sich Rolands „Besuche“ mittlerweile nicht allein auf meine Träume beschränken. Manchmal sitzt er plötzlich neben mir auf dem Beifahrersitz, wenn ich mir die nächtlichen Stunden mit einer ereignislosen Observation um die Ohren schlage. Dann lässt er einen Stapel blöder Sprüche los und grinst von einem Ohr zum anderen. „Soweit hast du es also gebracht!“, höhnt er dann. „Ein fett gewordener Privatschnüffler, der untreuen Ehemännern nachschleicht. Halleluja – vergiss bloß nicht, mich zu erinnern, dir noch zu gratulieren!“ Wenigstens ist sein Gesicht dabei nicht mehr versehrt und er sieht so aus, wie ich ihn aus der Zeit vor unserem letzten Einsatz in Erinnerung habe. Natürlich ist mir dabei schon klar, dass Roland nur ein Produkt meines übermüdeten Verstandes ist, dennoch gelingt es mir nie, diesen „Geist“ auszublenden. Der Teil meines Gehirns, dem Rolands Dämon entstammt, scheint nicht viel von Befehlsketten zu halten. Kann ich verstehen. Hat er mich erst mit ausreichend Schmähungen bedacht, spricht Roland meist Dinge an, die bereits in meinem Unterbewusstsein Gestalt annehmen, sich von mir aber noch nicht fassen lassen. Es klingt vielleicht merkwürdig, doch bisher halfen mir diese inneren Monologe mit meinem toten Kameraden auf eine schwer zu fassende Weise, mit ihm und dem ganzen verdammten Rest klar zu kommen. 

 

In den zurückliegenden Wochen allerdings zehrten sie zunehmend an meinen Kräften. Besonders an den Tagen und Wochen mit mauer Auftragslage, so wie in den letzten Märztagen, als ich mit dem Gedanken zu liebäugeln begann, einfach hinzuschmeißen und den Laden dichtzumachen. Wenigstens eine Zeit lang. Ein paar Monate Auszeit nehmen, eine Weltreise antreten oder etwas in der Art. Vielleicht hatte ich ja auch das, was man Burn-Out nennt – keine Ahnung. Ich hatte auf jeden Fall die Schnauze gestrichen voll davon, untreuen Eheleuten nachzusteigen, Versicherungsbetrüger oder falsche Krankmeldungen schlecht bezahlter Angestellter aufzudecken. Die Jahre hatten mich beinahe zu so etwas, wie einen gelangweilten Zyniker gemacht – woran meine Dämonen (Roland in vorderster Front) sicher nicht ganz unbeteiligt waren – und mir schien es besser, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. So lenkte ich also am 29.03.2017 meinen Focus-Kombi in Richtung Innenstadt. Die Räumlichkeiten meiner Detektei befinden sich in der Albrecht-Dürer-Straße 12, im Erdgeschoss eines dreistöckigen Wohngebäudes. Mein Plan für diesen Tag bestand darin, den Briefkasten zu leeren, im Mietvertrag die Kündigungsfrist nachzulesen und meinen Anrufbeantworter neu zu besprechen. Verehrte Klienten, derzeit nehme ich keine weiteren Aufträge an. Ich danke für Ihr Vertrauen. Irgendetwas in dieser Richtung. Aber wie das mit Plänen manchmal so ist, bevor man sich versieht, kommt einem etwas in die Quere und man wirft sie über den Haufen. Das Wetter schien sich an diesem Tag an meiner Gemütsverfassung zu orientieren. Vielleicht war es ja auch umgekehrt. Tiefhängende, zerfranste Wolken jagten über die verwinkelten Dächer der Nürnberger Altstadt hinweg, feiner Sprühregen benetzte die Windschutzscheibe meines Wagens. Wenigstens hatte ich den morgendlichen Berufsverkehr abgewartet und jetzt, um kurz nach zehn Uhr vormittags, gehörten die Straßen beinahe mir allein.

 

 

 Autorenvita


Lothar Nietsch wurde am 06.02.1966 in Nürnberg geboren. Nach der Schulzeit lernte er die Berufe Gas- und Wasserinstallateur, Fitnesstrainer, KEP-Kaufmann, arbeitete als Handwerker, Trainer, Garten- und Landschaftsbauer, Fahrradkurier, Geschäfts-führer eines Kurierunternehmens und selbständiger Handwerker. Seit 2019 verdient er seine Brötchen als Haustechniker in einem Altenpflegeheim. In seiner Freizeit treibt er alles Mögliche. Die meiste Zeit verbringt er jedoch mit dem Verfassen phantastischer Texte. 

 

 

 

 

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Seit 2000 zahlreiche Veröffentlichungen von Kurzgeschichten in Literaturzeitschriften und Anthologien. 

  • 2015 Blut der Wiederkehr (Roman) im Arunya Verlag. 
  • 2018 Flaschenkind (Roman) im Arunya Verlag.
  • 2018 Familienbande (Roman) Droemer Knaur. 
  • 2019 nominiert für den Kurt-Lasswitz-Preis in der Kategorie beste Erzählung. 

 

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