Klappentext
Die Raumflotte ist das Rückgrat des Myrthonischen Sternenreiches.
Raumakademien bilden den Nachwuchs des Kernweltadels zu Offizieren aus.
Die politische Lage erfordert – gegen den Willen der Adelshäuser – die
Gründung einer neuen Einrichtung, in der auch die Söhne und Töchter der
Randwelten, der Gilden und der Sternenhändler aufgenommen werden: die
RAUMAKADEMIE PALURAN.
Tranthar, neuer Anwärter auf Paluran, stellt schnell fest, dass er dort
nicht willkommen ist. Seine aristokratischen Mitschüler blicken auf
seine einfache Herkunft herab. Man verlangt sogar von ihm, dass er mit
einer uralten Sternenhändlertradition bricht. Durch weitere
Provokationen wird er in einen Aufruhr verwickelt, der ihm zum
Verhängnis werden könnte.
Kämpfe um Leben und Tod, Rache, Verzweiflung und Liebe machen diesen
Roman von Harrison Shepard zu einem packenden Abenteuer.
Schnipsel 1
Vynga saß an ihrer Mikro-KI. Sie verfasste einen Brief an ihren Vater,
mit all den Erlebnissen der letzten Woche. Das Signal ertönte. Es stand
jemand vor ihrer Tür. Etwas unwillig, weil sie in ihren Gedanken und
Formulierungen gestört wurde, schaltete sie den Holoschirm dunkel. Sie
erhob sich und drückte den Öffnungsmechanismus. Die Tür schob sich in
die Wand. Dann sah sie Lorna vor dem Eingang stehen.
„Was ist passiert, dass du so spät noch vorbeikommst?“, fragte sie
verblüfft.
Ihre Freundin trat ein und verschloss die Tür wieder mit einem
Fingerdruck. „Du wirst es nicht glauben, aber es wird in etwa zwanzig
Tagen ein Auflösestabduell geben.“ Sie lächelte. Es schien, als freute
sie sich darauf.
„Blödsinn!“, knurrte Vynga enttäuscht, weil sie eine interessantere
Nachricht erhofft hatte. „Die Kämpfe finden erst nach der Prüfungsphase
der Anwärter statt. Ich weiß nicht, was du gehört haben willst.“
Lorna lachte vor sich hin. „Kein Blödsinn“, erwiderte sie und gab sich
Mühe ernst zu bleiben. „Es ist ein Duell um die Ehre. Und dreimal darfst
du raten, wer die Kontrahenten sind!“
Etwas ratlos zuckte Vynga mit der Schulter. „Ich habe nicht die leiseste
Ahnung“, antwortete sie irritiert. Ihr war bewusst, dass ihre Freundin
die Frage nur deshalb gestellt hatte, weil ihr mindestens einer der
Widersacher bekannt war. Aber welcher von denjenigen, die sie kannte,
war es Wert, dass Lorna außerhalb der Normzeit noch bei ihr vorbeikam?
Ihr fiel absolut niemand ein.
Sie pflegte keinen Kontakt zu den Helden
der Arena. „Also sag schon!“, forderte sie ihre Freundin auf.
„Nun! Einer davon ist Stufe-1-Kadett Mernon aus dem lichtdurchfluteten
Haus derer von Proglan.“
Vynga sah, dass die sonst so ernste Lorna am liebsten laut aufgelacht
hätte, ob der Blöße, die sich ihre Freundin durch ihre Ahnungslosigkeit
gab. Wahrscheinlich war der zweite Kontrahent, derjenige, der sie
überraschen sollte. „Ich kenne Mernon nur sehr weitläufig“, analysierte
sie zögernd. „Er ist nicht bei den Turnieren gelistet. Soweit ich weiß
ist er gar kein übler Zeitgenosse. Wer hat ihn denn zum Duell
herausgefordert?“
„Tranthar aus der Familie der Tanlar, unser neuer Bekannter!“, sprudelte
es aus Lorna heraus, während sie den Öffnungsmechanismus wieder
betätigte. „Wirst du dir diesen Kampf ansehen?“, erkundigte sie sich.
Aber sie sah sofort, dass Vynga gar nicht in der Lage war, ihr zu
antworten. „Na gut!“ Sie lachte leise vor sich hin. „Schlaf mal die
Nacht darüber … und vor allem halte es geheim. Jelyn hat es mir unter
dem Deckmantel der Verschwiegenheit erzählt!“
Dann trat sie auf den Gang
und wurde von der sich schließenden Tür verdeckt.
Vynga musste sich erst einmal setzen. Sie verstand die Welt nicht mehr.
Seit wann forderte ein Sternenhändler einen Myrthonen zu einem Duell
heraus und warum? Auflösestabduelle waren den Raumakademien vorbehalten.
Als solches war zu vermuten, dass der Sternen … – sie verbesserte sich
in Gedanken – dass Tranthar nicht wusste, was auf ihn zukam. Bei
Kernweltmyrthonen war das anders, meist wurden sie schon vor ihrer Zeit
auf der Akademie von ihren Vätern darauf vorbereitet, entweder, wie man
derartige Kämpfe bestritt oder wie man ihnen aus dem Weg ging.
Was hatte er sich nur dabei gedacht? Vynga war sich sicher, dass Mernon
mit einem Auflösestab umzugehen verstand. Wie wollte Tranthar den
Zweikampf gewinnen? Kannte er die Risiken nicht? Wusste er nicht, was es
bedeutete, ein Ehrenduell unehrenhaft zu verlieren?
Verdammt! Ihre Hoffnung, dass sie diese Nacht Schlaf finden konnte,
schien sich in Wohlgefallen aufzulösen. Denn jetzt spürte sie schon
wieder, dass sie zu grübeln begann. „Ich hasse dich, Lorna!“, murmelte
sie voller Inbrunst vor sich hin, während sie ihre Mikro-KI
ausschaltete.
Schnipsel 2:
Die dunklen Farben kristallisierten sich als Straßenbelag heraus. Der
rote Punkt war das hervorstechendste Merkmal einer jungen Frau: Ihr
rotes Kleid, das einen metallischen Schimmer ausstrahlte. Sie saß
zusammengekauert auf der Straße. Ihre Arme hielten die Beine umfasst. Er
zoomte das Bild noch etwas heran. Ihre Stirn lag auf den Knien. Sie
wippte mit ihrem Körper vor und zurück. Ab und zu wurde sie von einem
krampfartigen Schluchzen durchgeschüttelt. „Hallo!“, fing er an zu
sprechen, sehr um Verständlichkeit bemüht. „Mein Name ist Cormet aus dem
lichtdurchfluteten Haus derer von Valura!“ Das Wippen hörte schlagartig
auf. Sie hob ihren Kopf. Ihr Gesicht war tränenüberströmt und etwas
aufgequollen. Große Locken ihres blonden Haars hingen ihr in die Stirn.
„Wo ist Saira!“, rief sie mit gequälter Stimme, während sie sich langsam
erhob. „Was habt Ihr mit meiner Tochter gemacht?“ Sie wirkte so jung
auf Cormet, so unglaublich jung. Und sie schien ihm zerbrechlich, wie
sie auf noch wackligen Beinen in sicherem Abstand vor dem Roboter stand.
Beine, die sehr lang und gerade waren. Ihr kurzes Kleid konnten sie
kaum verhüllen. An den Füßen trug sie Sandaletten, die ebenfalls
metallisch rot schimmerten. Die Arme hatte sie so um sich geschlungen,
dass ihre Hände die eigenen Schultern umfassten.
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