Unterwegs mit der Lady Charlyette, einer Amel 54 |
Ich weiß bei dir ehrlich gesagt gar nicht, was ich eine so Weitgereiste zuerst fragen soll, noch dazu jemand, die über ihre "Abenteuer" in Büchern berichtet. Aber ist das für dich eigentlich überhaupt ein Abenteuer, oder wie würdest du es beschreiben?
R. W.
Nach einer langen Phase sehr intensiven Arbeitens ist es nun ein neuer Lebensabschnitt. Während wir unsere drei Kinder beim Aufwachsen unterstützten, Haus und Hof in Schuss hielten, beruflich einiges stemmten, konnten wir unsere Leidenschaft für den Wassersport nur selten ausleben. Irgendwann ist nicht nur der Tag rum, sondern auch die Kraft zu Ende. Nun sind unsere Kinder groß, unser Haus ist verkauft und die von uns aufgebaute Schule wurde an eine Stiftung übergeben. Das neue Leben ist ein Abenteuer, weil wir vieles erst lernen, uns einfinden müssen. Ich schreibe nicht nur Bücher, sondern lerne nun Englisch, Spanisch, Portugiesisch und Französisch. Immer gerade die Sprache, welche vor Ort gesprochen wird. Das ist für mein mittelaltes Hirn schon eine Herausforderung. An jedem neuen Ort muss der Alltag neu organisiert werden. Das macht Spaß und ist spannend aber nicht immer einfach. Inzwischen liebe ich dieses neue Leben und hoffe, es noch eine Weile mit meinem Mann genießen zu können.
Das hoffe ich für Euch. Und für mich als Blogger, da ich immer wieder neue Themen habe, die ich in meinen Blog einbinden kann.
Aber wie lange seid ihr denn jetzt schon unterwegs und was hat überhaupt dazu geführt, dass du, dass ihr auf ein Segelboot gezogen seid?
R. W.
Mein Mann wollte schon als kleiner Junge mit dem Segelboot einfach los. Damals hatten wir das DDR-Regime und daran war gar nicht zu denken. Mit der Wende kamen Beruf, Familie, Verantwortung… Ich bin quasi im Paddelboot aufgewachsen und wohl schon immer eine Wasserratte. Wir beide teilen die Leidenschaft für das Wasser. Für uns ist es magisch, bietet Erholung, Gelassenheit und Freude. Wir paddeln, windsurfen, kiten, schnorcheln und ab und an charterten wir ein Segelboot. Dann war unsere Schule so groß, dass zwei Schultern sie auf Dauer nicht mehr tragen konnten. Wir fanden eine Stiftung und nutzten diese Gelegenheit, um loszulassen. Wir wussten nicht wie es wird, ob es uns gefällt und trotzdem entschieden wir uns konsequent. Das Haus war ohne Kinder sowieso zu groß. 2017 fand mein Mann ein passendes Boot in der Karibik, flog hin und kaufte es. Danach segelte er es in 60 Tagen allein über den Atlantik nach Rostock. Ein Sommer auf der Ostsee folgte und die Entscheidung für unser neues Leben wurde entgültig. Im August 2018 zogen wir komplett auf das Boot. Über Nordsee, europäische Atlantikküste, Madeira, die Kanaren und Kap Verden ging es in die Karibik. Dort erwischte uns zwei Monate später der Lockdown. Die Covidrestriktionen sorgten dann letztendlich für eine weitere Atlantikrunde. Nun ist zu hoffen, dass der Weg in den Pazifik wieder freier wird und wir auf die andere Hälfte der Weltkugel reisen können.
Los ging es in Deutschland? Du sagst Nordsee und raus auf den Atlantik. Lag das Ziel da schon fest?
R. W.
Unser Ziel war der Weg.
Es gab die grobe Richtung, die das Wetter vorgibt. Wir wollten die Welt
sehen, hinter den Horizont schauen und unseren erweitern, indem wir
andere Kulturen kennen lernen. Außerdem war immer klar: Wenn es uns
nicht gefällt, zu gefährlich ist oder zu große Spannungen verursacht,
dann hören wir auf.
📚
Gibt es ein Erlebnis, dass du als das bisherige Highlight bezeichnen würdest?
R. W.
Ich staune immer wieder
über die Natur und Tiere in freier Wildbahn oder die Lebensfreude
anderer Völker. Wenn uns Delfine besuchen oder silberne fliegende Fische
auf dem Meer Ballett tanzen, wird mein Herz ganz weit. Am riesigen
Aquarium unter Wasser kann ich mich auch nicht satt sehen. Den Vulkan
auf La Palma zu erleben, war überraschend und besonders, aber auch
beängstigend. Die Naturgewalten auf dem Meer und dem Land sind
respekteinflößend. Gegen die hat der Mensch nichts in der Hand, der ja
ansonsten immer alles kann, verändert und sich überall einmischt.
Ansonsten hat jeder Ort seinen Reiz. Es gibt für uns keinen Favoriten.
Einzig die Portugiesen haben es uns angetan. Sie sind bis dato für uns
die freundlichsten, uneigennützigsten und sympathischsten Menschen
[Anmerkung des Bloggers: zum Vulkanausbruch auf La Plama und wie Ricarda Wilhlem ihn erlebte geht es hier entlang - ⏩]
Und was würdest du auf antworten, wenn ich frage "gab es etwas, was dir Angst gemacht hat, was war erschreckend (von Corona mal abgesehen)?
R. W.
Angst vor der Kraft von Strömung, Wellen und Wind? Wie kann man denn dann Tage und Wochen auf dem endlosen Meer sein, ohne "verrückt" zu werden?
R. W.
Wir segeln in einem sehr sicheren Boot. In besonders schwierigen Situationen lernt man, das Auszuhalten und so zu segeln, dass man nicht in Lebensgefahr gerät.
Apropos Corona! Wie hat sich die Pandemie auf Eure Reise ausgewirkt?
R. W.
Link zur Buchvorstellung von "Lockdown unter Segeln" auf meinem Blog ⏩
Der Corona Lockdown stellt so manches auf den Kopf |
Nachdem wir jetzt über Eure Reise gesprochen haben, muss ich als Buchblogger natürlich auch auf deine Bücher zu sprechen kommen. Wie viele Bücher waren es denn bisher?
R. W.
Inzwischen sind es neun, ich kann es selbst kaum glauben. Drei weitere sind in Arbeit.
Hattest du von Anfang vor, über das, was ihr erlebt und was ihr seht andere als Buchform teilhaben zu lassen? Oder was hat dazu geführt, dass du das machst? Was ist für dich die Motivation andere an dem teilhaben zu lassen, was du erlebst?
R. W.
Oder spielt da auch schon mal so etwas wie "Langeweile" mit, wenn ihr tagelang auf dem offenen Meer seid?
R. W.
Langeweile
habe ich nur auf den langen Crossings (dem offenen Meer), die man in Wochen zählt. Wenn
Wellen und Wind das Boot schaukeln, kann man oft nicht einmal lesen und
ist nur damit beschäftigt, einigermaßen stabil zu sitzen und die
notwendigsten Alltagsbedürfnisse zu befriedigen. Ansonsten sammelt sich
immer mehr Material, das ich gern bearbeiten würde. Fotos, Videos,
Texte… Ich komme gar nicht hinter her. Deshalb nehme ich mir auch kaum
Zeit für das Marketing meiner Buchveröffentlichungen.
Ist es nicht besonders schwierig, von "unterwegs" zu veröffentlichen? Normalerweise werden Bücher korrekturgelesen und man arbeitet mit Lektoren zusammen, hat Probeleser und und und? Klar kann man heute vieles online machen. Aber ich stelle mir das trotzdem nicht so einfach vor.
R. W.
[Anmerkung des Bloggers: Und "zur Not" gibt es ja auch noch uns Blogger [grins]]
Apropos "offenes Meer", was genießt du mehr, die Zeit auf dem Wasser oder die "Landgänge", neue Länder, Inseln, die Menschen?
R. W.
Definitiv und mit großem Abstand genieße ich die Buchten und das Land. Das offene Meer ist eine Wüste. Du kannst nicht unter die Oberfläche schauen. Dort wäre vielleicht mehr zu sehen. Delfine, fliegende Fische, Seevögel bieten viel zu selten Abwechslung. Die Unterwasserwelt in den Buchten und das Leben auf dem Land haben so viel mehr zu bieten.
R. W.
Ich fotografiere sehr gern und würde meine Fähigkeiten auch auf diesem Gebiet gern verbessern. Auch das steht noch meiner langen To-Do-Liste. Die Fotos sind eine wunderbare Ergänzung zu geschriebenen Worten. Meine Texte sollen Bilder produzieren. So kann ich derzeit nur behaupten, gern zu schreiben und zu fotografieren, mich bestenfalls Hobbyautorin und -fotografin nennen.
Ich weiß nicht, ob ich dich das überhaupt fragen darf? Wie finanziert man eine solche Reise? Ich kann mir vorstellen, dass das nicht gerade preiswert ist. Geht ihr zwischendurch arbeiten? Spielen die Einnahmen durch die Bücher auch eine Rolle? Wobei das ja wahrscheinlich allein nicht ausreichen wird.
R. W.
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