Abels Vermächtnis
von Aileen O’Grian
Klappentext
Im Jahre 2080 ist der gesamte Süden Europas eine Wüstenregion. Nur wenige Menschen besiedeln das Gebiet und fristen dort ein armseliges Dasein. Der Norden riegelt sich ab und beutet die verarmten Süd- und Südosteuropäer aus.
Die Genmedi Corporation entwickelt aus
menschlichen embryonalen Stammzellen Medizin gegen Diabetes, Rheuma
und Leukämie. Um ausreichend Embryonen zu erhalten, werden die
Frauen mehr schlecht als recht dafür bezahlt, dass sie ihren Körper
für die Produktion von Eizellen zur Verfügung stellen. Für die
meisten Familien ist es die einzige Einnahmequelle.
Der
musisch begabte Abel wächst in einer privilegierten, reichen Familie
in Berlin auf. Er möchte Pianist werden, doch sein Vater, Direktor
der Genmedi Corporation, hat andere Ziele für ihn vorgesehen. Er
zwingt den Jungen, auf seine Musik zu verzichten und BWL zu studieren
und bei Genmedi einzusteigen. Mehrfach rebelliert Abel, doch
letztendlich resigniert er und versucht, den Erwartungen seines
Vaters zu entsprechen.
Als er nach dem Studium seine Tätigkeit
bei der Genmedi aufnimmt , ist es eine seiner ersten
eigenverantwortlichen Aufgaben, die Produktionsstätten in Spanien zu
bereisen. Dort erlebt er, wie schwierig das Leben für die Menschen
ist und wie sehr seine korrupte Firma die Familien ausbeutet. Er
beschließt, die fast sklavenähnlichen Bedingungen, unter denen die
Leute dort dahinvegetieren, aufzudecken und die Beteiligung der
Genmedi an diesen Zuständen publik zu machen, ohne zu ahnen, in
welche Gefahr er sich bringt. Wird es ihm gelingen, den Menschen zu
helfen?
Leseprobe
Bevor es dämmerte, fuhr er zur Station zurück. Am Grab Anton Steigers stand eine junge Frau und legte eine Blume nieder. Abel hielt. Die Frau wollte weglaufen.
„Halt, ich tu Ihnen nichts. Bleiben Sie“, rief er. Die Frau zögerte und kam dann zurück.
„Erzählen Sie mir von Anton Steiger“, bat er. Er setzte sich im Schneidersitz vor das Grab.
„Er kam vor vier Jahren hierher und sprach mit uns und machte Fotos. Er sagte, er schreibe Artikel für eine große Zeitung. Er wollte alles von uns wissen. Wie viele Mitglieder eine Familie hat, wovon wir leben, ob wir genug zu essen haben, was die Spendenstation uns bezahlt, warum wir unseren Körper so schinden lassen, wie es uns dabei geht. Ob wir Schmerzen haben, krank werden, Fieber hätten, ob Frauen dabei stürben.“ Die Frau schwieg. Ihre Augen glänzten.
„Haben Sie es ihm erzählt?“
Sie nickte. „Ja, ich und ein paar andere auch. Aber unser Dorfältester wollte es nicht. Er meinte, wir würden dafür bestraft werden. Er schickte ihn weg. Danach trafen wir uns heimlich. Dort hinten bei den alten Bäumen.“ Sie wies Richtung Süden. „Oder bei den alten Ruinen.“ Sie zeigte nach Westen.
„Anton Steiger schrieb alles auf und gab uns Geld. Er verbot uns, das Geld sofort auszugeben, damit es den anderen nicht auffiel.“
Abel strich der Frau eine Strähne aus dem Gesicht. Sie lächelte.
„Sie haben ihn geliebt!“, stellte er fest.
„Er fehlt mir so. Er wollte mich von hier wegbringen.“ Abel hörte zu und hing dann seinen Gedanken nach.
Die Unbekannte fuhr nach einer Pause fort: „Ich habe solche Angst. Ich will nicht wie meine Mutter und meine Schwester sterben - oder eine lebende Leiche sein.“ Sie schniefte.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte Abel.
„Ganz gut. Ich mache auch immer wieder Pausen zwischendurch, auch wenn mein Bruder mit mir schimpft, aber ich brauche es. Ich will doch leben.“
„Haben Sie Kinder?“
„Nein, ich bin nicht verheiratet. Ich liebe ihn immer noch.“
„Haben Sie Geschwister?“
„Eine kleine Schwester und zwei große Brüder. Dann ist da noch meine Großmutter.“
„Kommen Sie mit mir nach Madrid!“, schlug Abel vor.
„Und dann? Dort muss ich als Hure arbeiten.“ Sie wendete den Kopf ab und starrte in die Steppe hinaus.
„Oder in einer landwirtschaftlichen Kooperative.“
„Da nehmen sie keine Neuen auf, sonst wären wir alle da.“
Abel fühlte sich trostlos. Ihm fiel nicht ein, wie er ihr helfen könnte.
„Was hat Anton Steiger sonst noch gefragt?“
„Er hat sich nach den Kranken erkundigt. Und gefragt, ob es hier Ärzte gibt. Und wer in der Spendenstation arbeitet. Schließlich durfte er uns nicht mehr befragen, Herr Newman hat es ihm verboten. Da ist er weggefahren. Nach ein paar Tagen war er heimlich wieder da und am nächsten Abend ist er verunglückt.“
„Er ist zu schnell gefahren.“
„Er fuhr immer ganz vorsichtig. Er meinte, unsere Pisten wären lebensgefährlich. Aber er hatte in den letzten Tagen Angst. Irgendjemand hatte ihn bedroht. Trotzdem wollte er nicht aufgeben, sondern alles wissen und über alles schreiben."
„Wo hatte er seine Aufzeichnungen?“
„In einem kleinen schwarzen Ding, einem Computer.“
„War der nach dem Unfall noch im Auto?“
Sie überlegte: „Nein, den hatte er wohl nicht mit.“
„Hatte er ihn sonst immer dabei?“
„Ja.“
„Wo hatte er in den letzten Nächten geschlafen?“
„Irgendwo draußen.“ Sie deutete in die Steppe hinaus.
„Wo genau?“
„Ich weiß es nicht.“ Sie zögerte kurz, überlegte. „Er sprach einmal von einem Kloster. Gott würde ihn dort sicher schützen.“
„Haben Sie keine Angst, mir alles zu erzählen?“
„Das ist mir egal, meine Hoffnung schwand mit Anton.“
Abel zog sein Portemonnaie heraus und drückte ihr ein paar Geldscheine in die Hand.
„Danke für Ihr Vertrauen. Sie wissen, Sie dürfen das Geld nicht sofort und nicht auf einmal ausgeben.“
Sie nickte, bückte sich und hob ein paar Steine vor dem Grab hoch, darunter hatte sie eine kleine Teedose versteckt, in die sie die Scheine steckte.
Produktinformation
E-Book
ASIN : B07FBYL8TZ
Dateigröße : 2460 KB
Seitenzahl der Print-Ausgabe : 240 Seiten
Taschenbuch
Herausgeber : BoD – Books on Demand; 1. Edition (13. Mai 2019)
Taschenbuch : 252 Seiten
ISBN-10 : 3749437106
ISBN-13 : 978-3749437108
Annette Paul alias Aileen O'Grian über sich selbst
Was wäre wenn? - Fantasy als Spiel mit den Möglichkeiten.
Seit
Jahren schreibe ich aus Spaß am Phantasieren Märchen, Fantasy und
Science-Fiction und habe diverse Kurzgeschichten in Anthologien und
Literaturzeitschriften veröffentlicht. Den
Magier Rowan mag ich so gern, dass ich mir vorgenommen habe, eine
Romanreihe zu schreiben.
Leseproben von mir gibt es auf meinem Blog
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