Morgen finde ich dich!
von Margit Rumpl
Morgen finde ich dich! Dies ist die abenteuerliche Geschichte der jungen Margit, die ihrer Sehnsucht nach Freiheit folgt und spontan mit ihrem pinkfarbenen VW-Käfer nach Andalusien aufbricht. Dort lernt sie Luis aus Südamerika kennen und glaubt, in ihm ihre große Liebe gefunden zu haben. Das gemeinsame Baby soll das Glück vollkommen machen. Doch auch als erste Schwierigkeiten und Probleme die Beziehung auf die Probe stellen, ahnt Margit noch nicht, welch abenteuerliche Reisen, schicksalhafte Wendungen und schmerzvolle Erfahrungen sie erwarten. Als die Situation eskaliert und Luis ihr das Liebste nimmt, wird die junge Frau zur leidenschaftlichen Kämpferin.
Schnipsel 1
Er kommt näher, will sich auf die Bettkante setzen, fällt aber dabei
hin, direkt vor mein Bett. Als er sich wieder aufrichtet, schiebt sich
seine Hand unter mein Laken. Das ich fest umklammert habe.
„Raus, Verschwinde, aber schnell!“ Mit aller Kraft schlage ich seine
Hand weg. „Ja, ja, schlag fester zu, ja!“ Entsetzt bemerke ich, dass
ihn das nur noch mehr anstachelt. „Du bist total verrückt, ich will
dich nicht, hörst du, geh endlich oder ich schreie um Hilfe!“ Nun
zögert er doch.
„Na gut, nicht schreien, ich geh ja schon, beruhige dich!“ lenkt er
plötzlich ein. „Bist du sicher? Willst du mich nicht wenigstens noch
mal ein bisschen schlagen? Hm?“ „Nein, raus hab ich gesagt!“
Endlich macht er sich davon, taumelt die Treppe hinunter.
Ich höre ihn am Türschloss hantieren, gleich darauf wieder polternd
hochkommen. Ich versinke im Bett, zumindest will ich das. Warum
nur hat mein Schlafzimmer keine Tür? Nur ein Vorhang trennt es
vom Vorraum.
Lautes Geräusch aus dem Wohnzimmer. Mein Besucher macht sich
jetzt am Fenster zu schaffen. Was hat er vor? Er wird doch nicht ...?
Tatsächlich, ich kann einen Blick in seine Richtung erhaschen,
er schwingt langsam seine Beine über das Fenstersims und verschwindet. Ein Plumps und Stille. Als wäre er nie da gewesen.
Schnipsel 2
Schnipsel 3
„Wo sind Luis und Andreas? Bitte sag es mir!“ Wird sie mir helfen? In der Wohnung ist es still, außer meiner Schwiegermutter ist niemand zu sehen. Stockend erzähle ich ihr meine Version der Geschichte. Sie ist sprachlos, weint mit mir. „Ich wusste das doch nicht. Luis taucht nach so vielen Jahren einfach hier auf und denkt, ich kann mich um seinen Sohn kümmern. Er will sich eine Arbeit suchen. Ich bin überglücklich ihn und mein Enkelkind hier zu haben. Aber ich muss arbeiten, kann mich nicht um Andreas kümmern. Er hat gestern ein paar Sachen gepackt und ist gegangen. Ich weiß nicht wohin.“ „Oh Gott, er hat gesagt, er will nach Brasilien ...“ Ich bin zu spät gekommen - zu spät - schießt es mir durch den Kopf. „Ich ruf bei seinem Vater an. Vielleicht weiß der Bescheid.“ Eda spricht schnell und es fällt mir schwer, etwas von dem Telefonat zu verstehen. „Sie sind da, Margarita! Luis wird sich bei dir melden. Sein Vater wird dafür sorgen. Er hat es mir versprochen.“ Luis Vater lebt bereits seit über zehn Jahren von Eda getrennt, hat wieder geheiratet und mit seiner zweiten Frau einen Sohn von acht Jahren. Den Luis verachtet. Luis hat es nie wirklich verkraftet, dass sein Vater die Familie verlassen hat. Damals war er ein verstörter Junge von zwölf Jahren gewesen und hatte die ganze Schuld seiner Mutter zugeschrieben. Sie habe den Vater aus dem Hause verjagt, redete er sich ein. Bis heute hasst er seine Mutter dafür, erzählte er mir mal. Nie ist er auf die Idee gekommen, sein Vater könnte Fehler gemacht haben, obwohl er derjenige gewesen war, der seine Frau mit drei Kindern alleine gelassen hatte. Eda hat Tee zubereitet, nun sitzen wir in ihrem Wohnzimmer und warten. Dunkel ist es im Zimmer, das braune Ledersofa steht zwischen schwarzen Möbeln. Überall stehen kitschige Porzellanfiguren auf gehäkelten Deckchen und sehen mich teilnahmslos aus ihren leblosen Augen an. Die Vorhänge sind zugezogen, um die Sommerhitze draußen zu halten. An der Wand steht eine große dunkle Standuhr und tickt leise vor sich hin. „Noch Tee? Nimm dir ein paar Kekse!“ Eda kümmert sich um mich, wirkt fast so nervös wie ich. Ihr Sohn hat unser gemeinsames Kind entführt. Sie ist ebenso Mutter, kann sich in meine Situation hinein fühlen, aber sie ist auch die Großmutter von Andreas. Luis ist ihr Sohn. Wird sie seine Ansichten teilen, ihn unterstützen? Ich blicke zum wohl zehnten Mal zur Uhr. Eine Stunde ist beinahe vergangen. Warum ruft er nicht zurück? Schweißtropfen bilden sich zwischen meinen Schulterblättern. Meine Hände sind trotz der Hitze eiskalt und zittern. Endlich klingelt das Telefon. Obwohl ich es kaum noch ausgehalten habe so lange zu warten, fällt mir nun beinahe die Teetasse, aus der ich eben einen Schluck machen wollte, aus der Hand. „Es ist Luis.“ Eda gibt mir das Telefon. „Was machst du hier? Ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht kommen.“ Er lässt mich gar nicht erst zu Wort kommen. Ich kämpfe wieder mit den Tränen. „Hör gut zu Margarita. Mein Vater bereitet ein Schreiben vor. Ich bringe es morgen vorbei. Das wirst du unterzeichnen. Erst dann wirst du Andreas wieder sehen.“ „Ich unterschreibe dir alles, nur bitte kommt jetzt. Bitte. Ich halte es nicht mehr aus.“ „Du wirst dich einverstanden erklären, dass mein Sohn hier bleibt und Uruguay nur mit meinem ausdrücklichen Einverständnis verlassen darf! Hast du das kapiert?“ Ich schlucke. Damit habe ich nicht gerechnet. In meinem Kopf jagen die Gedanken. „Ich werde nirgendwo hingehen mit ihm. Bitte. Ich will bei meiner Familie sein. Das sind Andreas und du.“ Ich will überhaupt nie wieder mit Luis zusammen sein nach allem was geschehen ist. Aber ich würde ihm in diesem Moment alles versprechen nur um Andreas wieder im Arm halten zu dürfen. Luis lässt sich erweichen. Eine halbe Stunde später darf ich endlich mein Kind umarmen. Im Arm seines Vaters blickt er mich anfangs unsicher an und klammert sich an Luis, als ich ihn anspreche und nehmen will. Schon eine Woche genügt um ein eineinhalbjähriges Kind seiner Mutter zu entfremden. Aber nach ein paar Minuten ändert sich sein Gesichtsausdruck
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